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Begründungen und Anregungen zur Entwicklung eines Institutes für Integrale Wissenschaft auch in Deutschland Anderenfalls könnten der europäischen und deutschen Wissenschaft (und infolge der Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft, Medizin etc.) empfindliche Entwicklungsnachteile entstehen. Zum anderen gibt es gerade in der deutschen Kulturgeschichte weltweit bedeutsame Vorarbeiten einer integralen Perspektive (von Jakob Böhme, über Fichte, Schelling, Hölderlin, Hegel, Max Scheler bis Jean Gebser und Rudolf Bahro), welche in das nur global bzw. menschheitlich denkbare integrale Zeitalter in all ihrem Gehalt einzubringen sind. Der Begriff einer "integralen" Entwicklung deutet sich seit langem als der Kern oder das Fraktal einer neuen, globalen Perspektive in allen Bereichen an und wird inzwischen weltweit mehr und mehr als das entscheidende Charakteristikum der kommenden Entwicklungsepoche der menschlichen Geschichte begriffen. Siehe dazu z.B. >www.intagralage.org<. Der Begriff "integral" bedeutet ursprünglich Vollständigkeit bzw. Heilung im Äußeren wie im Inneren, d.h. er verweist auf die Wiederherstellung einer gesunden Umwelt und einer harmonischen Innenwelt als Grundlage aller weiteren sozialen und kulturellen Entwicklungen. Insbesondere aber erfaßt der Begriff "integral" drei im Vergleich zur modernen Wissenschaft neue Qualitäten:
Die bisherige Wissenschaft und dementsprechend auch die bestehenden wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und Sinnstrukturen genügen nicht für die menschheitlichen Herausforderungen. Das Hauptproblem sind nicht mehr so sehr fehlende Einzelerkenntnisse, als vielmehr die Spaltungen innerhalb wie zwischen den Erkenntnis- und Praxisbereichen. Die Komplexität bzw. Integralität des Ganzen bedarf einer entsprechend komplexen, ganzen und integralen Theorie, auf dessen Grundlage dann neue, feinere Differenzierungen entwickelt werden können. Es geht so nicht um eine Zerstörung, sondern um eine positive Aufhebung der modernen Ausdifferenzierungen von Theorie und Praxis in Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Diese waren einst entwicklungsfördernd, die Verharrung in den Spaltungen oder Dissoziationen ist inzwischen aber die Hauptursache zahlreicher Entwicklungskrisen in vielen Bereichen. Seit Heisenberg ist die erkenntnistheoretische Falschheit einer Trennung von Materie und Geist klar. Die Gegenwart leidet insofern zunehmend darunter, als insbesondere das ökologische Problem offensichtlich nur als gleichzeitig natur-, sozial- und geisteswissenschaftliches erfaßbar und lösbar ist. Solche praktisch-realitätsbezogene Notwendigkeit führt über die in der mentalen Spaltung verbleibenden Debatten um die Unvereinbarkeit der "zwei Kulturen" hinaus, da gerade die Statusarroganz der etablierten Natur- und Geisteswissenschaften die durchaus vorhandenen Ansätze einer "transdis-ziplinären" bzw. besser "integralen" Wissenschaft eher behindert als befördert. Ansätze einer integralen, d.h. hinter die Komplexität der modernen Erkenntnisse nicht zurück- sondern vielmehr darüber hinausgehenden Theorieentwicklung sowie praktische Anwendungsfelder und damit auch Verifikationsmöglichkeiten einer solchen Wissenschaft finden sich bevorzugt da, wo infolge der Grenzen bisheriger Wissenschaftsorganisation und -kommunikation praktischer Problemstau entstand: in der ökologischen Frage, in der Managementtheorie, in der Hirn- und Bewußtseinsforschung, in der Evolutionstheorie, in der ganzheitlichen Medizin u.a. Integralität kann nicht als Nebenprodukt bisheriger disziplinärer Forschungen entstehen, sondern muß zumindest vorerst auch als eigenes – gemäß seiner Intention mit allen Disziplinen zusammenwirkendes und diese Disziplinen dabei integral bereicherndes -, dennoch insbesondere die Formen, Strukturen und Erkenntnisweisen des Integralen selbst erkennendes und entwickelndes Forschungsgebiet begriffen werden. Dementsprechend sollte, ähnlich dem amerikanischen Konzept, ein solches Institut sich selbst als differenzierte Integration organisieren – vorerst mit den Arbeitsschwerpunkten:
Diese Schwerpunkte werden sowohl selbständig als auch im ständigen Austausch miteinander bearbeitet. Um theoretische Unfruchtbarkeit zu vermeiden, wird eine unmittelbare, gegenseitigen Nutzen ergebende Zusammenarbeit mit den entsprechenden Praxisbereichen angestrebt. Praktische Anwendungsfelder und damit auch Verifikationsmöglichkeiten einer solchen Wissenschaft finden sich bevorzugt da, wo infolge der Grenzen bisheriger Wissenschaftsorganisation und -kommunikation praktischer Problemstau entstand. Dies sind:
Paradigmenwechsel vollziehen sich über Personen und Generationen; die beste Spezies dafür sind vermutlich aufgeschlossene Hochschulabsolventen verschiedener Disziplinen. Als Entwicklungs- und Arbeitsform eines Institutes für integrale Wissenschaft wird daher ein relativ offenes, transdisziplinäres Wissenschaftskolleg mit besonderen Doktoranden-kollegs vorgeschlagen, welches von wenigen, für ihr interdisziplinäres Denken renommierten Wissenschaftlern geleitet wird und Arbeitskontakte zu zahlreichen anderen unterhält. Eine optimale, auch in der Form das Integrale als positive Transzendenz des Modernen wahrende Organisationsform wäre weder außerhalb der traditionellen Universitäten noch im Zentrum von deren relativ starren Strukturen, sondern eine Anbindung an eine kleinere, innovative, international agierende Hochschule. Eine feste räumliche Stationierung ist sinnvoll, im Zeitalter des Internet ist jedoch auch eine weitgehend dezentrale Arbeitsweise mit regelmäßigen Begegnungen gut denkbar. Im Vergleich zu der vermutlich sehr weit- und folgenreichen Nützlichkeit und durch die vorwiegend junge Besetzung sind die Aufwendungen für solch ein Institut für integrale Wissenschaft relativ gering. Wesentlich für die Theorie und Praxis eines Institutes für integrale Wissenschaft ist der Pflege der globalen Kommunikation, insbesondere mit der sich in den USA relativ rasch vollziehenden Herausbildung integraler Wissenschaft. Zum einen, um den Anschluß an diese vermutlich folgenreiche Entwicklung nicht zu verlieren. Zum anderen, weil in der deutschen Wissenschaftslandschaft bisher nur schwache Ansätze einer integralen Entwicklung bestehen. Konzept und Kontakt: Dr. Maik Hosang, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus, Arbeitsgruppe Sozialökologie, Philippstraße 13, 10099 Berlin, anmaik@gmx.net |